Vorratsbeschaffung in Zeiten der Lieferengpässe hoch im Kurs in der Privatwirtschaft
Ob “Just in time”-, Einzel- oder Vorratsbeschaffung - die strategische Materialbeschaffung ist in der Privatwirtschaft äußerst relevant für die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen. Dabei kommt aufgrund von Lieferengpässen der Vorratsbeschaffung in letzter Zeit eine größere Bedeutung zu, auch wenn hierbei die Lager- und Kapitalbindungskosten im Auge zu behalten sind. “Just in time”- und Einzelbeschaffungen bergen demgegenüber die Gefahr von Lieferverzögerungen.
Wie sieht es mit der Vorratsbeschaffung im öffentlichen Sektor aus?
Doch ist eine Vorratsbeschaffung auch im öffentlichen Sektor praktikabel und sinnvoll? Michael Mroß schreibt in seinem 2015 veröffentlichten Buch
Betriebswirtschaft im öffentlichen Sektor: Eine Einführung: “Die Vorratsbeschaffung bietet sich insbesondere für solche Güter an, die an eine bestimmte Beschaffungszeit gebunden sind und die durch Lagerzeiten keine Qualitätseinbußungen erfahren …”. Sei die Entscheidung für eine Vorratsbeschaffung gefallen, so stelle sich die Frage, wann bzw. nach welchen Maßgaben der Vorrat angelegt werden solle.
Laut Mroß können die Beschaffenden hier zwischen dem Bestellrhythmus- und dem Bestellpunkt-Verfahren wählen. Im ersten Fall wird der Lagerbestand nach einer bestimmten Zeit um einen bestimmten Bestand (je nach Verbrauch) wieder aufgefüllt. Im zweiten Fall ist der Zeitpunkt der Bestellung variabel, jedoch bleibt die Bestellmenge immer gleich. Es wird bestellt, wenn ein zuvor festgelegter Meldebestand erreicht wurde.
Präzise Ermittlung der Bedürfnisse für eine nachfrageorientierte Beschaffungsstrategie
Tobias Mettler stellt in seiner Dissertation zum
Supply Management im Krankenhaus
an der Universität St. Gallen (2010) fest, dass die Grundlage für die Formulierung einer nachfrageorientierten Beschaffungsstrategie sowie für eine zielbewusste Verhandlung am Beschaffer-Markt die präzise Ermittlung der Bedürfnisse der Fachbereiche sei. Voraussetzung dafür sei “die kontinuierliche Erhebung über Menge und Wert der zentral und dezentral verwalteten Lagerbestände sowie eine saubere Klassifizierung der Produkte und Lieferanten”. Während bei Einzelbeschaffungen sichergestellt werden müsse, dass der Freigabeprozess eingehalten und der Einkauf angemessen involviert wird, seien im Falle der Vorratsbeschaffung die einzelnen Bestellpositionen zu bündeln und möglichst “medienbruchfrei” zu übermitteln.
Sukzessivlieferungsverträge bei Serien- und Massenanfertigungen sinnvoll
Sven Lübbe (2005)
hält eine Vorratsbeschaffung dann für sinnvoll, wenn ein Betrieb gegenüber Schwankungen auf dem Beschaffungsmarkt bei Serien- und Massenanfertigungen abgesichert sein muss. Die Güter würden weitestgehend unabhängig von der Produktion beschafft und könnten bei Bedarf vom Lager entnommen werden. Durch die großen Bestellmengen ließen sich Mengenrabatte und geringere Transportkosten aushandeln. Nicht zuletzt können die höheren Lager- und Kapitalbindungskosten durch Sukzessivlieferungsverträge ausgeglichen werden, so Lübbe.
Der öffentlichen Auftragsvergabe geht stets ein konkreter Bedarf voraus. Bislang ist es unüblich, dass beispielsweise PCs oder technische Geräte auf Vorrat beschafft werden, ohne dass ein konkreter Bedarf bestünde. Auch bei Dingen wie etwa Streusalz werden die Lieferanten in die Pflicht genommen.
In Zeiten jedoch, in denen man sich vor Angriffen auf kritische Infrastrukturen abzusichern versucht, rücken die Speicher zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Inwiefern in diesem Zusammenhang ein Handlungsdruck für öffentliche Auftraggeber entsteht, bleibt in den kommenden Monaten zu beobachten.
Die Fortbildungskampagne öffentliches Recht bietet regelmäßig Praxisseminare zum Thema Vergaberecht mit zahlreichen Tipps zur strategischen Beschaffung an. Eine aktuelle Seminarübersicht finden Sie auf www.fortbildunngskampagne.de.
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