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Was wir voneinander lernen können – Lernszenarien

17. Februar 2025

Lebenslang lernen - Fluch oder Segen?

Beitrag: Till Spurny


In dieser Kolumne nutze ich regelmäßig die Gelegenheit, in die Welt der Szenarien und Hypothesen einzutauchen. Die Grundidee ist dabei immer dieselbe: sich vorzustellen, wie etwas sein könnte, welche Auswüchse es haben könnte und welche Auswirkungen und Konsequenzen damit verbunden wären. Da sich daraus für mich immer wieder überraschende Erkenntnisse ergeben, möchte ich diesmal nach dem Lernen fragen. 


Wie könnte sich das sogenannte lebenslange Lernen in künftigen Szenarien ausgestalten? 


Bei dieser Frage ist der Blick in die eigene Vergangenheit aufschlussreich. Denn ein „lebenslanges“ Lernen impliziert, dass das, was man unter lernen versteht, unveränderlich feststeht, dass es über unsere berufliche Laufbahn hinweg weitergeht und uns möglicherweise auch in höherem Alter immer wieder vor dieselben Herausforderungen stellen wird. Tatsächlich jedoch ist gar nicht klar, dass wir überhaupt dasselbe meinen, wenn wir über lernen sprechen. Das Lernen in der Kindheit, Jugend, während Ausbildung und Studium war stets unterschiedlich und insbesondere im Berufsleben kann es ganz andere Bedeutungen annehmen. 


Als rund um die Jahrtausendwende das Internet weitflächig eingeführt wurde, absolvierte ich einen Computerkurs, an dem unter anderem Menschen teilnahmen, die sich in fortgeschrittenem Alter umschulen ließen. Diese Art von Lernen, mit der diese Personen konfrontiert wurden, zähle ich mitunter zu den unvorteilhaftesten und unangenehmsten. Denn in diesem Fall standen Menschen mit jahrzehntelanger Berufserfahrung vor einer neuen Situation, in der ihre Erfahrungen, die eigentlich den wertvollsten Teil ihres Wissens ausmachen sollten, im Grunde nichts mehr wert waren. Damals konnte ich nicht ahnen, dass ich eines Tages selbst die Chance und auch Verantwortung haben würde, Entscheidungen über Fortbildungsformate zu treffen. 


Mit dem Angebot der Fortbildungskampagne öffentliches Recht sollen für unsere Kunden praxis- und zukunftsrelevante Inhalte vermittelt werden. Dies erfolgt durch bewährte Seminarformate, die inhaltlich von den jeweiligen Experten und Expertinnen gestaltet werden. Die Art und Weise jedoch, in der das geschieht, unterliegt größeren Veränderungen als man vielleicht meinen möchte. Während der Lockdowns im Zuge der Coronapandemie hat sich die Arbeitswelt erheblich verändert und ganze Branchen wurden in ein neues Zeitalter verschoben, so auch die Fort- und Weiterbildung. Online-Seminare sind zwar wie die E-Mobile der Seminarwelt, doch genauso wie E-Autos immer noch Autos sind, so werden viele Glaubenssätze und Gewohnheiten aus der alten Seminarwelt in den neuen Online-Formaten wieder und wieder übernommen. Doch es kann auch anders gehen. Die vorhandene Technologie und die Bereitschaft, diese zu nutzen, eröffnen neue Möglichkeiten, Dinge wie Wissenserwerb, Erfahrungsaustausch und Praxiserfahrung auf andere Weise zu erwerben als in den traditionellen, bekannten Formaten. 


Wissen, was man weiß und was man nicht weiß – das ist die höchste Kunst und die entscheidende Zutat!


Aus jahrelanger Erfahrung in der Konzeption von Seminarangeboten weiß ich, wie schwierig es ein kann, den Fortbildungsbedarf in einer Organisation tatsächlich maßzuschneidern und punktgenau zu definieren. Auch heute noch ist es deutlich einfacher, wenn Fortbildungen und Schulungen im Sinne von passiven „Berieselungs“-Veranstaltungen gehalten werden, anstatt tatsächlich auf der Ebene von individuellen und speziellen Bedürfnissen zu arbeiten. Möglicherweise kann die künstliche Intelligenz eines Tages an dieser Stelle Fortschritt und Verbesserung bringen. Doch eine Zukunft, in der eine künstliche Intelligenz ausrechnen wird, welches Wissen und welche Erfahrungen die Mitarbeitenden einer Organisation erlenen sollen, um künftige Herausforderungen zu bewältigen, ist sicherlich nicht erstrebenswert.


Wirklich erstrebenswert hingegen wäre ein Szenario, in dem jede und jeder einzelne den Funken der Begeisterung und des Staunens aufrecht halten kann und sich im wahrsten Sinne des Wortes wie ein forschender Geist durch unbekanntes Terrain bewegt, um neue Horizonte zu entdecken. Wie sieht das Lernen für wahre Entdecker aus? Die zahlreichen Beispiele aus der Geschichte lassen vermuten, dass die wohl erfüllendste und bereicherndste Art des Lernens diejenige sein muss, in der man angesichts der Fülle des Neuen, das man erfährt, gar nicht mehr hinterher kommt, alles zu notieren. Man muss es einfach festzuhalten, so faszinierend ist es. 


Können Sie sich ein Szenario vorstellen, in dem Sie derart wissbegierig und begeistert lernen würden? 


Das ist es, das ist das Szenario, in dem ich Sie im Seminar der Zukunft antreffen möchte! Beseelt und beflügelt vom Entdecken und der fortwährenden Suche nach immer neuen Erkenntnissen. So könnte ich mir das lebenslange Lernen durchaus vorstellen😊

31. März 2025
Meinungsbeitrag: Till Spurny Ein Wort wie „Entmenschlichung“ brachte man bis vor kurzem allenfalls mit den Verbrechen des Nationalsozialismus in Deutschland in Verbindung. Inzwischen werden jedoch von der amerikanischen Regierung Pressefotos verbreitet, auf denen Menschen in Gefangenschaft gezeigt werden, mit kahl geschorenen Köpfen, unwürdig in eine gebeugte Haltung gedrückt, um die „erfolgreichen Deportationen“ aus den USA zu belegen. Das ist ein Beispiel für Entmenschlichung, einer Vorstufe zu noch mehr Entwürdigung und roher Gewalt. Dass die aggressive Rhetorik und die dazugehörenden Handlungen der US-Regierung (Stichwort: Yemen) wie eine Gewaltankündigung verstanden werden können, zeigt nicht zuletzt ein aktuelles Zitat von Warren Buffet, in dem er die Erhebung von Zöllen als „Kriegshandlung“ bezeichnet (Tariffs are 'an act of war ', W. Buffet). Warum ist das relevant, wenn man zum Beispiel gerade dabei ist, die Digitalisierung voranzutreiben und Prozesse durch Technologie, Software und KI zu vereinfachen? Die Beobachtung dieser schleichenden Entmenschlichung ist deshalb relevant, weil wir uns in Deutschland bereits in einer Situation wiederfanden, in der die Puzzleteile und Einzelereignisse retrospektiv rekonstruiert werden mussten, um die größte Katastrophe unserer Geschichte zu erklären. Im Rückblick wurde dann schrittweise erklärbar, wie es zu einer Situation kommen konnte, in der Menschen nicht mehr Menschen waren. In der Rückschau konnte man dann den Stellenwert einzelner Ereignisse bewerten und konkret aufzeigen, wie letztlich eines zum anderen führen konnte. Auch wenn heute niemand sagen kann, in welche Zukunft wir uns konkret bewegen, mit welcher Überschrift das gegenwärtige Kapitel in den Geschichtsbüchern einst überschrieben sein wird, so ist doch spürbar, dass dies ein historischer Moment ist. Werden neue Technologien und Innovationen vor diesem Hintergrund stets mit einer positiv besetzten Vorstellung von Fortschritt und Entwicklung verbunden bleiben? Oder ist es denkbar, dass zum Beispiel künstliche Intelligenz einst mit Kontrolle, Herrschaft und Macht in Verbindung gebracht wird? Das darf man durchaus fragen, angesichts einer nahezu vollständig selbstverständlichen und weitreichenden Technologieabhängigkeit. Wem das gänzlich abwegig erscheint, der möge sich fragen, wie es der Technologie-Industrie bisher gelungen ist, Produkte an hunderte Millionen oder gar Milliarden von Kunden zu verkaufen und gleichzeitig die negativen Konnotationen aus Orwell's 1984 und anderen Fiktionen zu vermeiden. Es ist durchaus bezeichnend, dass Jensen Huang, Gründer und CIO von NVIDIA, dem wichtigsten Hersteller von KI-Prozessoren der Welt, kürzlich eine Kollaboration im Bereich Robotics zwischen NVIDIA, Open AI und Disney Research verkündet hat. Das lässt erkennen, dass man auch für ernsthafte KI-gestützte Roboter-Technologie offenbar ein Unternehmen wie Disney benötigt, das den Maschinen Töne, Geräusche und Gesten einverleiben kann. Damit wird uns Menschen das Gefühl vermittelt, es mit intelligenten Wesen zu interagieren anstatt mit Plastik- und Aluminiumkästen und Kupferdrähten. Im besten Fall unterstützt uns die Technologie darin, einfach menschlich zu sein - eben Mensch zu sein. Doch das bedeutet auch, dass wir aufhorchen sollten, wenn die Grenze zur Entmenschlichung überschritten wird.
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