13 ExpertInnen referieren zu Umsetzungsstrategien der Digitalisierung im öffentlichen Sektor
In diesem zweitägigen Online-Praxisseminar mit Live-Stream aus dem IntercityHotel Berlin Hauptbahnhof referierten 13 ExpertInnen aus den Bereichen Wirtschaft, Verwaltung und IT zu brandaktuellen Aspekten rund um das Thema Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Denn durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) müssen Bund und Länder ihre Verwaltungsleistungen bis spätestens 2022 auch in elektronischer Form anbieten. Bekanntlich ist die Covid-19-Pandemie ein zusätzlicher Treiber der aktuellen Digitalisierungsprozesse.
Rege Diskussionen unter den TeilnehmerInnen
Begleitet und aufgelockert wurde das gut besuchte Seminar durch die Hochschulerfrischerin und agile Prozessexpertin Ulrike Margit Wahl, die als Moderatorin für eine regen Austausch unter den Teilnehmern und für Kurzweiligkeit in der Veranstaltung sorgte. So wurden Bedenken zur realistischen Umsetzung des OZG bis 2022 diskutiert, denn vielen Verwaltungseinheiten fehlt es an personellen und finanziellen Ressourcen, an der geeigneten IT-Infrastruktur und an der thematischen Akzeptanz unter den Mitarbeitern. Zudem kommt es immer wieder zu Datenschutzbedingten Herausforderungen.
Kommunale Best-Practice-Modelle
Einen geeigneten Weg, um den Mehrwert und die Chancen der Digitalisierung für Verwaltungsmitarbeiter zu verdeutlichen, bieten Best-Practice-Modelle. Vor allem die Kommunen waren auf diesem Gebiet 2020 auf dem Vormarsch. Als Vorreiter in der Umsetzung des OZG wurden der Hamburger Hafen und die „Digitalisierung von Verwaltungsleistungen – Praxisbericht zur kommunalen OZG-Umsetzung in Schleswig-Holstein“ vorgestellt. Lässt sich ein Hafen zukünftig vom Wohnzimmer aus steuern? Und können die Digitalisierungsvorhaben der Kommunen durch gemeinsam genutzte Portale, wie es das Land Schleswig-Holstein anbietet, beschleunigt werden?
eAkte und Open Data als nützliche digitale Verwaltungsleistungen
In einem weiteren Themenblock erhielten die TeilnehmerInnen Einblicke in das Thema Dokumentenmanagementsystem (DMS) und eAkte, die seit 2013 aufgrund der Reduzierung von Lagerflächen, der Papiereinsparung sowie der schnelleren und ortsunabhängigen Bearbeitung im Kommen ist. Welche rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die Implementierung sind zu beachten?
Ähnlich verhält es sich mit der Bereitstellung von maschinenlesbaren offen Daten (Open Data), deren Anwendung und Nutzen den Verwaltungen und Behörden oft noch nicht geläufig sind.
Anwendungsbeispiel der Blockchain-Technologie: OZG Umsetzungsprojekt digitales Schulzeugnis
Wer heutzutage in Sachen Digitalisierung mitreden möchte, sollte sich auch mit der Blockchain auskennen. Wie diese Technologie, die ursprünglich für die Bitcoin entwickelt wurde, im Verwaltungsbereich eingesetzt werden kann, ist anschaulich am Beispiel der Übermittlung digitaler Schulzeugnisse in Bewerbungsprozessen erläutert worden.
Umsetzungserfahrungen mit der XRechnung
Seit 2017 findet zudem der elektronische Rechnungsaustausch zwischen öffentlichen Auftraggebern in Deutschland Anwendung. Hierzu erfuhren die Seminar-TeilnehmerInnen den aktuellen Stand der Umsetzung auf nationaler und europäischer Ebene. Im Zuge dessen wurden mögliche Synergien zwischen den Kommunen und Ländern diskutiert.
Digitale Herausforderungen: KI und TRResiscan in der öffentlichen Verwaltung
Am zweiten Seminartag ging es weiter mit Potenzialen, Barrieren und Risiken beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in Verwaltungsprozessen. Hierfür wurden verschiedene Praxismodelle genannt und rechtliche Rahmenbedingungen besprochen. Rechtliche Aspekte bestimmten auch die Diskussion rund um das Thema Scannen von sensiblen Dokumenten in Verwaltungseinrichtungen. Außerdem wurden effiziente Scan-Strategien und mögliche Synergien zwischen den Fachämtern diskutiert.
Mobiles Arbeiten und Cloud 2.0 - Empfehlungen aus der Praxis
Eines der am meisten bedachten Themen seit dem Beginn der Covid 19-Pandemie ist sicherlich das mobile Arbeiten. Welche Vor- und Nachteile und welche Betriebsrisiken bringt diese neue Form des Arbeitens hervor? Wie bleiben sensible Daten weiterhin geschützt und welche technischen und arbeitsrechtlichen Herausforderungen gibt es? Auch hier gab es wertvolle Erkenntnisse und Praxistipps; ebenso auf dem Gebiet des Cloud Computing der zweiten Generation. Wie lassen sich Automatisierungsprozesse und IT-Sicherheit verbessern und welche Liefermodelle sind empfehlenswert?
Smarte öffentliche Verwaltung durch Scrum und Design Thinking
Der Weg hin zu einer digitalen Verwaltung führt auch zum Projekt- und Produktmanagement-Werkzeug Scrum, das insbesondere für die agile Softwareentwicklung eingesetzt wird. Hierbei sind Entwickler und Anwender im ständigen Austausch miteinander, um die Umsetzung der Digitalisierungsprojekte erfolgreicher zu gestalten.
Last but not least ist das Design Thinking ein wichtiges Digitalisierungstool in der OZG-Umsetzung. Durch das Einsetzen von kundenorientierten und iterativen Methoden lassen sich erwünschte, wirtschaftliche und machbare Lösungsansätze komplexer Probleme finden.
Fazit
Es ist noch viel zu tun, um den digitalen Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung zu vollziehen. Abgeschlossen wird dieser wohl erst nach 2022 und dem Ende der Covid 19-Pandemie sein. Die Beseitigung von Barrieren kann durch eine grundlegende Offenheit gegenüber dem Lernen und großen Zukunftsvisionen gelingen. Was dabei nie vergessen werden sollte: Fortbildung macht Spaß, und am Zahn der Zeit zu Arbeiten bringt auch viele persönliche Vorteile.